Niedersächsischer Integrationspreis 2024:
Stärkung von Demokratie und Zusammenhalt
Ministerpräsident Stephan Weil und der Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Deniz Kurku, haben am Dienstag, den 10.09.2024, gemeinsam mit der Jury den Niedersächsischen Integrationspreis 2024 vergeben. Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden in einem feierlichen Festakt im Alten Rathaus in Hannover ausgezeichnet.
Der Integrationspreis wurde in diesem Jahr bereits zum 15. Mal vergeben. Der Preis stand unter dem Motto „Stärkung von Demokratie und Zusammenhalt“ und war mit insgesamt 24.000 Euro (vier Mal je 6.000 Euro) dotiert. Das Bündnis „Niedersachsen packt an“ zeichnete zudem einen Preisträger mit einem Sonderpreis in Höhe von 6.000 Euro aus; dieser wurde bereits zum neunten Mal vergeben. Darüber hinaus wurde zum ersten Mal ein Sonderpreis des LandesSportBundes in Höhe von 6.000 Euro ausgelobt.
Die Jury
Der Jury gehörten im Jahr 2024 an:
Preisträgerinnen und Preisträger 2024
Aus 130 Bewerbungen und Vorschlägen hat die Jury die folgenden Preisträgerinnen und Preisträger ausgewählt.
Gymnasium Salzgitter-Bad, Stadt Salzgitter
Projekt „Schulische Integrationsarbeit am Gymnasium Salzgitter-Bad“
Das Gymnasium Salzgitter-Bad hat für die Integrationsarbeit ein aus Haupt- und Ehrenamtlichen bestehendes multiprofessionelles Team gebildet. Die Ziele bestehen darin, die Bildungschancen zu verbessern, Begegnungsräume zu schaffen und die Demokratie sowie Mitbestimmung durch die Schülerinnen und Schüler zu fördern. Initiiert wurde das Projekt von ehrenamtlich engagierten Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften, die vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine geflüchteten Menschen helfen wollten.
Zum Angebot gehören z.B. Sprachförderung im DaZ-Unterricht ab JG 5 und internationale Mittagspausen an vier Tagen pro Woche, die als interkultureller Begegnungsraum dienen. Das Projekt wird ehrenamtlich von Schülerinnen und Schülern durchgeführt und durch eine ehemalige Schülerin im Rahmen ihres FSJ betreut. Zu den zentralen Projektzielen gehören u.a. die Sprachförderung, der Aufbau von Verantwortungsbewusstsein, das Erlernen von interkultureller Kompetenz, die aktive Mitgestaltung des Schullebens sowie der Austausch über und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Eine Ausweitung des Projekts auf die Grundschule ist geplant. Mit den Schul-Integrationslotsen existiert am Gymnasium Salzgitter-Bad zudem ein regionales Pilotprojekt, in dem Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs 10/11 ausgebildet werden, um neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im Schulalltag zu begleiten und als Kulturvermittler tätig zu werden. Darüber hinaus werden auch Eltern ausgebildet, um Familien zu beraten und die Lehrkräfte zu unterstützen. Grundlage hierfür ist eine Schulung in deren Rahmen die Werte der Bundesrepublik Deutschland thematisiert werden und die Teilnehmenden sich aktiv dazu bereiterklären, sich für diese einzusetzen.
Point of Smile - interdisziplinäre Kunst und Kultur e.V., Region Hannover
Projekt „KulturBeutel-Methode – Kunst baut Brücken, wo Worte fehlen!“
Die „KulturBeutelMethode“ ermöglicht die Vernetzung von Vielfalt und Kulturen auf eine kreative Weise. In insgesamt drei Phasen erarbeiten die Schülerinnen und Schüler ihre ethischen und demokratischen Werte mit künstlerischen Mitteln und lernen dabei auch die Werte der Anderen sowie ihre gemeinsamen Werte kennen. Die im Prozess selbstkreierten „Kulturbeutel“, in denen die erarbeiteten Werte aufbewahrt werden, dienen als Bindemittel zwischen den Schülerinnen und Schülern und deren Kulturen. Die Methode ermöglicht das Reflektieren der eigenen kulturellen Identität und Individualität sowie das gegenseitige Öffnen und den Austausch miteinander. Fremdes wird zu Vertrautem und schafft eine Basis für Verständigung und Zusammenhalt. Darauf aufbauend lernen die Kinder, sich mittels selbstgebauter „Kulturen verbindender Wertebäume“ als verantwortlicher und selbstwirksamer Teil der demokratischen Gesellschaft kennen. Das Hängen der Beutel an den Baum steht für eine symbolische Integration. Am Baumstamm werden Symbole für demokratische Werte angebracht. Die Wurzeln werden bestückt mit gemeinsam erarbeiteten universellen Werten. Dadurch wird ein Gesamtblick auf das Thema ermöglicht und erkannt, dass alle Kulturen durch demokratische Werte, wie z.B. Menschenwürde und Menschlichkeit, verbunden sind. Die Wertebäume werden im öffentlichen Raum ausgestellt und geben Denkimpulse für Passanten.
Peer-Leader-International e.V., Landkreis Leer
Projekt „Migra-Peers“
Peer-Leader-International e.V. ist ein auf Peer-Education basierendes internationales Netzwerkprojekt zur Realisierung der Sustainable Development Goals.
Junge Menschen sollen ermutigt werden eigene Projekte zu entwickeln und umzusetzen, indem sie Verantwortung unter der Anleitung von Peers in Schule und Beruf übernehmen. Das Projekt hat seinen Ursprung in der Flüchtlingssozialarbeit. Sein Startpunkt war die Veranstaltung eines Camps in den Niederlanden mit 50 jungen Menschen mit und ohne Flucht- und Kriegserfahrungen. Durch die unterschiedlichen Erfahrungshintergründe der Teilnehmenden und das aktive Einbringen dieser, wird dem Projekt ermöglicht, mit einer gewissen Außensicht auf Prozesse in Deutschland und Europa zu blicken.
Nach der Gründung einer Lokalgruppe wurde klar, dass die Teilnehmenden ein besonderes Interesse daran haben, die politischen Vorgänge in Deutschland und die auftretenden Umweltprobleme besser zu verstehen. Hinzu kommt das Bedürfnis, die Bildung und Integration in Schulen zu fördern. In Gruppen werden verschiedene Exkursionen, z.B. zum Klimahaus in Bremerhaven oder zum Bundestag in Berlin, unternommen. Darüber hinaus werden Veranstaltungen und Tagungen besucht, die einen großen Bezug zu aktuellen Themen aus nationaler und globaler Politik, Gesellschaft sowie Umwelt haben. Die Teilnehmenden erfahren das Gefühl von Selbstwirksamkeit, ihnen werden Grundwerte vermittelt und ihre Erfahrungen und Sichtweisen finden Gehör, wodurch das Gegenüber zu einem Perspektivwechsel angeregt wird.
Mehrgenerationenhaus Burgdorf e.V., Region Hannover
Projekt „Demokratie zum Anfassen“
Das Mehrgenerationenhaus Burgdorf besteht seit 2012 und hat seinen Schwerpunkt in der Integrationsarbeit. Der Verein hat durch seine sonstige Arbeit den Bedarf von Wissen über demokratische Strukturen und Abläufe zum Zugang zur politischen Partizipation bei den Jugendlichen erkannt und einen Vertiefungskurs geschaffen. Erster Baustein ist ein strukturierter 14-tägiger Kurs über die Grundlagen der Demokratie, den deutschen Staatsaufbau, seine Institutionen, kulturprägende Geschichtskenntnisse und Vermittlung fachspezifischer Deutschkenntnisse. Er leistet zudem einen Beitrag zur Medienkompetenz. Den Teilnehmenden wird so der Aufbau von Wissen ermöglicht und sie bekommen Zugang zu Teilhabemöglichkeiten sowie politischen Vorbildern. Darüber hinaus findet inzwischen zweiwöchentlich eine Diskussionsrunde über aktuelle politische Themen im Forum statt. Der zweite Kursbaustein besteht aus dem praktischen Erleben. Dazu gehören u.a. Besuche in Gremien der Stadt, Planung von Besuchen des Niedersächsischen Landtages und des Bundestages. Geplant ist auch eine Simulation der EU-Wahl. Durch die Besuche in den Ratsgremien werden die Teilnehmenden auch für die Politikerinnen und Politiker vor Ort sichtbar. Die Struktur des Mehrgenerationenhauses und die Presseberichte über Biografien junger Erwachsener mit Fluchtgeschichte begünstigen, dass die Teilnehmenden direkte Vorbilder aufgezeigt bekommen. Einige der Teilnehmenden engagieren sich bereits ebenfalls ehrenamtlich im Nachhilfeteam. Insgesamt soll das Projekt zur weiteren gesellschaftlichen und politischen Teilhabe ermutigen und einen geschützten Raum bieten, um die demokratischen Strukturen zu lernen und sich über politische Themen auszutauschen.
HAWK Plus Hildesheim, Holzminden und Göttingen: Standort Göttingen und Holzminden
Projekt „Mentoring Programm Balu und Du“ - Sonderpreis des Bündnisses "Niedersachsen packt an"
Das Mentoringprogramm wird im Rahmen des individuellen Profilstudiums an der HAWK angeboten. Ziel des Projektes ist der Aufbau einer vertrauens- und respektvollen Tandem-Beziehung über ein Jahr hinweg (zwei Studiensemester) zwischen Studierenden (Balu) und Grundschulkindern (Mogli) mit besonderem Förderbedarf. In den wöchentlichen Treffen geht es um die Verbindung von im Alltag getrennten, einander unbekannten Sozial- und Lebensräumen. Die beiderseitige Integration und Multiplikation in die jeweiligen Sozialräume spielen dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie das Kennenlernen der Kultur des Gegenübers, der Freude an der deutschen Sprache, der Entwicklung und Formulierung von eigenen Wünschen und dadurch Stärkung des Selbstwertgefühls. Der Balu ermutigt seinen Mogli, sich aktiv einzubringen und ist gleichzeitig Ansprechpartner. Zudem gibt es Gemeinschaftsaktionen wie z.B. ein Laternenfest, Besuche in den Internationalen Gärten e.V. oder einen Aktionstag Bewegung. Zudem finden zweiwöchentliche Begleitseminare mit pädagogisch relevanten Themen und eine zehnstündige Präventionsschulung gemeinsam mit dem Kinderschutzbund statt. Das Programm öffnet den Blick für persönliche Bedürfnisse und Interessen Anderer und stärkt den Zusammenhalt, in dem es Verbindendes betont.
Seit September 2022 gibt es zudem eine Fokussierung auf die Themen Umweltbildung und Nachhaltigkeit. Am Ende des Jahres helfen die Balus den Moglis, sich auch weiterhin in integrationsfördernden Einrichtungen o.ä. zu engagieren. Das aktive Leben von Demokratie wird hier in Bezug auf den Prozess des immer wieder aufeinander Zugehens, des Verstehens und des Einstehens für gesellschaftliche Teilhabe gesehen.
Yamakawa Karate Hameln e.V., Landkreis Hameln-Pyrmont
Projekt „Vorbild durch Bildung: GEMEINSAM STARK – wir leben Integration und Vielfalt“ - Sonderpreis des LandesSportBundes
Der Verein ist ein anerkannter Stützpunktverein „Integration durch Sport“ des LandesSportBundes Niedersachsen e.V. und hat neben dem normalen Sportbetrieb die Förderung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als Zielsetzung. Aktuell werden 10 Jugendliche mit Migrations- und Fluchtgeschichte zu lizensierten C-Trainerinnen und C-Trainern ausgebildet. Dadurch soll nicht nur die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden gefördert werden, sondern sie erfahren gleichzeitig die Zuweisung einer aktiven Rolle in der Integrationsarbeit des Vereins. Die Teilnehmenden werden so zu Vorbildern und Multiplikatoren für andere Jugendliche. Alle Mitglieder setzen sich aktiv für den Zusammenhalt im Verein ein und unterstützen die Projekte. Die ausgebildeten Jugendlichen leiten in eigener Verantwortung bereits kleine Trainingsgruppen, helfen als C-Trainerinnen und C-Trainer und unterstützen als Dolmetscher. Außerdem findet ein mehrsprachiges Training statt. Darüber hinaus wird die Ausbildung von zahlreichen Unterstützungsangeboten und Projekten aktiv begleitet, wie z.B. einer Hausaufgabenhilfe (Schüler/innen helfen Schüler/innen) und einem Fahrservice zu den Trainerausbildungsstellen, der vom Verein organisiert wird. Darüber hinaus gibt es Angebote im Bereich der Sprachförderung, wie z.B. ein „Sprach-Café“, oder Unterstützungs- und Beratungsleistungen bei Schullaufbahnempfehlungen oder behördlichen Anliegen. Jährlich werden ein bis zwei Wochenendfreizeiten veranstalten, in deren Rahmen z.B. Anti-Mobbing- oder Selbstverteidigungskurse stattfinden.